Grand Piano: Niklas Paschburg

Freitag, 23.07.2021
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Grand Piano: Niklas Paschburg
Grand Piano: Niklas Paschburg

2018 legte Niklas Paschburg sein Debütalbum Oceanic vor. Niklas‘ musikalische Ideen setzen sich aus einer Kombination umfangreicher Live-Performance sowie Experimenten zusammen. Im Februar 2020 erschien sein zweites Album Svalbard auf dem Label !7K.

Niklas’ Gebrauch des Klaviers, elektronischer Elemente (Synth und Computer) sowie das Klavierakkordeon seines Großvaters ermöglichen es ihm, mit einer großen Bandbreite musikalischer Traditionen und Sprachen zu kommunizieren. Paschburgs Musik ist einzigartig in ihrer Fähigkeit, sowohl melancholisch als auch positiv zu sein — eine Umarmung, die Ängste abbaut und zur Meditation anregt, während sie die Hörer*in gleichzeitig dazu bringt, sich zur Musik zu bewegen, zu tanzen und zu rennen.

An dieser Stelle sei auch noch eine Vorstellung und ein Interview aus Pianoo.de die zutreffenste Beschreibung dieses großartigen Künstlers:
"Niklas Paschburg gehört zu den modernen Pianisten, die im weit gesteckten Bereich der Neo Klassik den Piano-Sound in den Mittelpunkt stellen. Das spannende Element, das Niklas’ Alben verbindet: Er beginnt ganz puristisch mit dem Klavierklang, um dann seine Zuhörer mitzunehmen auf eine klangmalerische Reise durch tiefe Soundscapes mit Clubtauglicher Intensität. Musik zum Wegfliegen und Wegtanzen.
Bei Niklas Paschburg funktioniert das nicht nur im Studio, sondern auch live. Mit Sequencing, Synthis und live gespielten Trommeln und Akkordeon schichtet er Motiv um Motiv. Dabei spielt er sehr gekonnt mit dem Kontrast zwischen fettem Synth-Orchester und sanften Sounds mit fragilem Anklang.

Klavier- oder Elektronische Musik?
Beides trifft zu. Ein perfektes Beispiel dafür ist das 2019 veröffentlichte Stück »Blooming in C minor«. Niklas greift hier das Präludium von J.S. Bach auf. Wer jetzt gleich altmodische Synthesizer-Musik á la »Switched On Bach« von Wendy Carlos vermutet – weit gefehlt. Niklas geht mit dem Material ganz anders um. Auf seine Weise eben. Er zerlegt das Präludium komplett, wiederholt bestimmte Passagen und lässt sie ineinander laufen. Die so entstehenden changierenden Farben stehen schon in einem Widerspruch zu der klaren Kompositionslinie Bachs.
Niklas: Das Stück habe ich – ja klar – früher in seiner klassischen Form gespielt und geübt. Dann hatte ich es wiederentdeckt, wobei dann aber der Gedanke entstand, vor allem live etwas damit zu machen. Es ist ein starker Live-Song daraus geworden.
Ist das dann ein festgelegter Song, den du immer identisch live spielst oder arbeitest du mit improvisatorischen Elementen?
Niklas: Es ist immer beides. Ich habe eine Struktur, die schon feststeht. Aber ich kann die einzelnen Elemente immer variieren. Ich kann die Teile verlängern, ich kann eine neue Melodie drüber spielen, ein Intro oder Outro ganz anders machen. Also die Sachen, die ich einloope, sind erstmal geplant. Klar, kann da immer mal etwas Unvorhergesehenes passieren und ich gehe dann in eine ganz andere Richtung, aber im Prinzip stehen diese Elemente fest.
 
Live-Arrangement vs. Improvisation
Deine Musik hat immer etwas sehr Spontanes – und dennoch wirkt es arrangiert. Und es ist beeindruckend, welchen Sound du ganz alleine auf der Bühne entwickelst. Vor allem auch in der Spieldynamik, wobei auch abrupte Wechsel vom fetten Arrangement hin zu einem ganz minimalistischen Part möglich sind.
Niklas: Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, alles zu improvisieren, wo du dann bei Null oder mit einer Grundidee beginnst. Mir war aber von vornherein wichtig, in Song-Strukturen zu arbeiten. Da ich so viele Instrumente an bestimmten Punkten reinkommen lassen will, war gleich klar, dass ich das schon durchplanen muss. Oder andersherum beschrieben: Ohne eine Planung des Ganzen müsste ich die Auswahl der Instrumente sehr einschränken, und das wiederum würde sich auf die Musik auswirken.
Sicher sehr stark vor allem auch auf die Dramaturgie der Musik.
Niklas: Ich will mit verschiedenen Parts arbeiten, also von einem C-Part wieder zurück auf den großen Part mit dem Akkordeon, der Bassdrum, Pads und allem, was dazu gehört. Ohne eine Planung wäre man da wohl überfordert.
 
Niklas Paschburg live
Wie bringst du das alles auf die Bühne?
Niklas: Das Herz vom ganzen Live-Setup ist Ableton Live. Dort habe ich die Strukturen der Songs als Patterns und Scenes angelegt. Das ermöglicht es mir, die einzelnen Parts der Songs gezielt anzusteuern. Ich kann spontan einen Part überspringen, kann jederzeit auf den Punkt genau zu einem bestimmten Part zurückkommen. Das kann ich auf der Bühne frei entscheiden.
Nutzt du Ableton Live auch für das Live-Looping, um z.B. die Bassdrum aufzunehmen und als Loops im Arrangement zu verankern.
Niklas: Ja, genau. Es gibt zwar auch gute externe Looper, und dann brauchst du gar keinen Computer oder Laptop. Mir war es aber wichtig, dass ich jedes Signal einzeln ausspielen kann. Und das ist bei den meisten dieser Geräte nicht möglich. Außerdem ist es mir wesentlich lieber, alles in einem zentralen Projekt zu haben.
Beim Live-Looping muss man immer auch der Versuchung widerstehen, zu viele Elemente zu schichten. Wie hältst du die Balance dabei?
Niklas: (lacht) Ich kämpfe dabei immer so ein bisschen. Man hat immer noch eine und noch eine Idee und weiß am Ende nicht, wo man es unterbringen soll. Aber für mich hat das viel mit Ausprobieren zu tun. Damit beginne ich in meinem Studio. Ich versuche dann immer abzuwägen: Sind es vielleicht zu viele Parts, sodass ich mich schon fast um nichts anderes mehr kümmern kann beim Spielen? Habe ich dann noch die Möglichkeit, das Klavier zu spielen? Irgendwann nehme ich das Stück dann mit auf die Bühne, um es weiter zu testen. Stelle ich dann fest, dass alles zu viel ist, verwerfe ich auch Dinge und suche nach einer neuen Lösung.
 
Live-Location und Dramaturgie
Aber man stelle sich vor – alles ist perfekt vorbereitet, du kommst auf die Bühne und stellst spontan fest, dass die Intensität der Musik nicht zur Stimmung in der Location passt. Kommt so etwas vor und kannst du dann darauf eingehen?
Niklas: Tatsächlich kommt so etwas vor, und ich bin darauf vorbereitet. Ich spiele in sehr unterschiedlichen Locations – einmal in Kirchen, wo es sehr atmosphärisch und ruhiger ist. Dann wiederum spiele ich in Clubs, wo dann die Leute stehen und auch tanzen können. Das hat viel mehr Energie …
… und erfordert eine andere Intensität.
Niklas: Genau. So existieren im Grunde zwei Varianten des Live-Sets. Aber ich spiele auch anders. Ist die Atmosphäre ruhiger, dann spiele ich auch die Bassdrum sanfter, spiele sanfter Klavier und reize auch die Synthesizer nicht bis an ihre Grenzen aus. Im Club weiß ich dann, dass ich Gas geben und richtig laut sein kann. Auch die Auswahl und Reihenfolge der Songs kann sich spontan ändern, wenn ich das Gefühl habe, dass etwas nicht passt.
Du nutzt sehr unterschiedliches Equipment – wo würdest du dich selber einordnen: Elektronik oder Piano?
Niklas: Das ist sehr schwierig. Und im Grunde möchte ich mich da gar nicht festlegen. Denn es ändert sich ständig – mal ist für mich das Klavier das Instrument. Es ist dann absolut im Mittelpunkt und ich bastle alle andere Sounds drumherum. Bei manchen Songs aber spielt das Klavier dann gar nicht mehr die Hauptrolle. Nimm z.B. »Blooming in C minor« – das würde ich als Elektronische Musik bezeichnen.
Aber – wie bei vielen anderen deiner Tracks auch – mit vielen akustischen Elementen. Das Klavier nutzt du ja für rhythmische Patterns, Texturen und Sequenz-Motive und oben drauf dann noch mal eine Melodie usw.
Niklas: Das stimmt schon – mir sind die akustischen Sounds einfach sehr wichtig. Ich wollte auch unbedingt eine akustische Bassdrum haben, da ich das Gefühl habe, dass das lebt, da ich das Instrument spontan so unterschiedlich spielen kann.
 
Was ist für dich das Besondere am Klavier?
Niklas: Das Klavier ist ein vielseitiges Instrument mit einem wahnsinnig breiten Spektrum. Du kannst so viele verschiedene Sachen damit machen – du kannst es zupfen, leise und laut spielen, hart und sanft spielen. Und dann hat es diesen Full-Range-Tonumfang von 88 Tasten. Ich entdecke immer wieder etwas Neues.
Bei den Synthesizern gibt es dann ja die Frage: Hardware oder Software?
Niklas: Live verwende ich hauptsächlich die Hardware-Synthis: einen OB-6 von Dave Smith Instruments und einen Arp Odyssey als Lead-Synth. Als Software-Instrument nutze ich eigentlich nur noch Kontakt von Native Instruments. Dafür habe ich mir mal ein eigenes Instrument aus Samples gebastelt. Dann sind da noch ein paar einzelne Samples, die ich mit dem OB6 und einem Korg MS2000 aufgenommen habe. Es ist ja bei den Synthis immer auch die Diskussion, ob nun Hardware oder Software besser klingt. Das ist für mich aber gar nicht der Punkt. Es ist einfach so, dass ich beim Entwickeln von Sounds etwas Handfestes zum Anfassen haben muss. Also: ja, bei Synthesizern bin ich schon eher der Hardware-Typ.

Wenn du live spielst – strebst du dann einen bestimmten Sound an oder einen Zustand?
Niklas: Ganz klar: Beim Live-Spielen geht es mir darum, einen Zustand zu erreichen. Jeder soll die Möglichkeit haben, auf seine eigene Reise zu gehen. Klar spielt der Sound immer eine große Rolle, und er ermöglicht es mir auch auf gewisse Weise, einen Zustand zu kreieren. Und dabei wiederum kommt es sehr darauf an, wo ich gerade spiele – in einer Kirche oder in einem Club. In einer Kirche möchte ich dann eher einen Zustand kreieren, wo die Leute in eine Atmosphäre eintauchen und ihren Gedanken freien Lauf lassen können. Im Club kann ich dann eine Richtung vorgeben, wo es etwas tanzbarer werden darf.
Niklas, vielen Dank für das Interview"
 
Grand Piano 2021, Bremen
Kukoon im Park, Neustadtswallanlagen
vom 21.07. bis zum 25.07.
Kein Eintritt
Keine Anmeldungen

Kuratiert und organisiert durch das Kulturzentrum Kukoon mit Unterstützung durch die Intitiative Musik, Senator für Kultur Bremen und das Bundesministerium für Kultur und Medien

Gefördert durch:

Der Senator für Kultur, Freie Hansestadt Bremen